Faktorinvestment im Anleihenbereich – auf die richtigen Faktoren kommt es an


AUF EINEN BLICK
  • Anleiheinvestoren müssen sich nicht automatisch zwischen niedrigen Renditen und hohem Risiko entscheiden. Systematische Strategien, wie sie bei Aktien schon lange üblich sind, könnten zukünftig auch in Anleiheportfolios eine tragende Rolle spielen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung von Dimensional.

  • Über Portfolio- und statistische bzw. regressionsbasierte Analysen haben wir zahlreiche Variablen getestet. Wir wollten feststellen, ob und, wenn ja, welche Rückschlüsse diese Variablen über Unterschiede bei den erwarteten Renditen von Unternehmensanleihen zulassen.

  • Die Ergebnisse unserer Analyse bestätigen frühere Studien: Terminzinsen sind nach wie vor die zuverlässigste und relevanteste Kennzahl zur Identifizierung von erwarteten Renditeunterschieden.

Aktuell mag es vielen Anleiheinvestoren so scheinen, als müssten sie sich zwischen zwei unattraktiven Optionen entscheiden: Entweder sie geben sich mit weniger Rendite zufrieden, oder sie akzeptieren zusätzliche Risiken in der Hoffnung, so auch in Zukunft die Renditen vergangener Jahre zu erzielen.

 

Was aber, wenn es eine dritte Möglichkeit gäbe? Eine Strategie, die die aktuellen Zinssätze nicht zu umgehen versucht, die aber in dem Bewusstsein entwickelt wurde, dass Zinsen nicht alles sind? Eine Strategie, die systematische Wertpapierauswahl optimal umsetzt und gleichzeitig durch bewährte Inputdaten und Flexibilität im täglichen Portfoliomanagement Risiken steuert und höhere erwartete Renditen anstrebt? Unsere Analysen lassen erkennen, dass solche systematischen Anlagestrategien die Grundlage zukünftiger Anleiheinvestments bilden könnten.

In Aktienportfolios sind Faktorstrategien (die historische Renditetreiber oder -quellen abbilden) verbreiteter, in Anleiheportfolios hatten sie es – trotz Unterstützung aus der Finanzwissenschaft – lange vergleichsweise schwer. Nobelpreisträger Eugene Fama stellte schon in den Siebzigerjahren fest, dass Terminzinssätze Rückschlüsse auf Unterschiede in den erwarteten Renditen von Anleihen zulassen, die vor ihrer Fälligkeit verkauft werden.1 Die ersten systematischen Strategien, die auf der Beziehung zwischen Terminsätzen und den erwarteten Laufzeit- und Bonitätsprämien (also den erwarteten Renditedifferenzen zwischen risikofreien Anleihen mit unterschiedlichen Laufzeiten sowie von Unternehmensanleihen und risikofreien Anleihen mit derselben Laufzeit) aufbauten, wurden bereits in den Achtzigerjahren aufgelegt und können inzwischen auf eine fast vierzigjährige Erfolgsgeschichte zurückblicken. Sie belegen, dass Anleger Mehrrenditen erzielen können, ohne nach Fehlbewertungen suchen oder Zinsänderungen richtig vorhersagen zu müssen.

Genau wie bei Aktien müssen Anleger auch bei Faktorstrategien auf Anleihen genau hinsehen und vorgeschlagene Anleihefaktoren, die auf Eigenschaften der Anleihen und ihrer Emittenten basieren, sorgfältig prüfen. Die große Zahl an Faktoren kann verunsichern: Welche soll man abbilden? Und wie kann man eine systematische Anleihestrategie am besten umsetzen? Ein Weg um Klarheit zu schaffen, ist neue Variablen im Licht der bereits vorhandenen Forschung zu betrachten. Zum Beispiel könnte man untersuchen, ob eine bestimmte Variable neue Informationen über erwartete Anleiherenditen enthält, die noch nicht in den Terminzinsen abgebildet sind.


Zusammenfassung unserer Methode

Die erwartete Rendite einer Anleihe besteht aus drei Komponenten (Abbildung 1). Die Komponenten (1) und (2) sind beobachtbar und ergeben den Terminzins. Eine solche Aufschlüsselung der erwarteten Rendite legt nahe, dass eine neue Variable Querschnittsunterschiede in den Effektivzinsänderungen (3), der Ausfallwahrscheinlichkeit (4) oder der Realisierungsquote (5) richtig vorhersagen muss, um tatsächlich zusätzliche Informationen zu enthalten. Daher haben wir untersucht, inwieweit sich Mehrrenditen, die nicht schon durch Terminzinsen ersichtlich sind, vorhersagen lassen.


Abbildung 1

Ausgangssituation

Wir haben die Wertentwicklung von mehr als 17.000 globalen Unternehmensanleihen in den Jahren von 2000 bis 2020 untersucht. Zur Bestimmung des Kreditrisikos haben wir die Ratings von Drittanbietern verwendet; unsere Datenmenge enthält sowohl Investment Grade-Anleihen (Anleihen mit einem Rating von BBB und höher), als auch High-Yield-Anleihen (Anleihen mit einem Rating unterhalb von BBB). Insgesamt reicht die Ratingskala unserer Stichprobe von AAA bis B. Als Anleihevariablen haben wir den Terminzins einer Anleihe, den ausfallbereinigten Risikoaufschlag sowie Bond- und Credit-Momentum verwendet. Zu den Emittentenvariablen gehören Marktkapitalisierung, relativer Preis und Profitabilität, die auch in der Bewertung von Aktien verwendet werden, sowie die folgenden Kennzahlen; Nettoverschuldung (Leverage), Ausfallwahrscheinlichkeit, Aktien-Momentum (Renditen der letzten sechs bzw. zwölf Monate wobei der letzte Monat nicht mit einbezogen wird) und kurzfristige Aktienrenditen.


Ergebnisse

Wie unsere Tests belegen, enthalten die meisten dieser Variablen keine Informationen über erwartete Anleiherenditen, die nicht bereits in den Terminzinsen abgebildet sind, mit einer Ausnahme: kurzfristige Aktienrenditen.


Kurzfristige Aktienrenditen

Im Gegensatz zu den zahlreichen anderen untersuchten Variablen ließen sich aus der aktuellen Aktienkursentwicklung eines Emittenten zusätzliche Informationen über die erwarteten Renditen der Anleihen des gleichen Unternehmens ableiten. Eine unterdurchschnittliche Aktienkursentwicklung in einem Monat hatte tendenziell eine ähnliche Entwicklung der Anleihekurse im nächsten Monat zur Folge. Mit anderen Worten: Aus der aktuellen Kursentwicklung einer Aktie lassen sich Informationen über die künftige Wertentwicklung der Anleihen desselben Emittenten ableiten, die noch nicht in den Terminzinsen enthalten sind. Außerdem stellten wir nur eine schwache Korrelation zwischen Aktienrenditen und Terminzinsen fest.

 

Selbst nach Bereinigung um Informationen in Terminzinsen konnten wir eine positive Beziehung zwischen kurzfristigen Aktienrenditen und den Anleiherenditen im Folgemonat nachweisen, allerdings sind diese Informationen in der Regel nur wenige Monate gültig (Abbildung 2). Diese „Halbwertszeit“, also die Geschwindigkeit, mit der die Informationen ihre Gültigkeit verlieren, hat direkte Auswirkungen: In der Praxis sind Strategien, die sich an der kurzfristigen Kursentwicklung von Aktien orientieren, womöglich mit hohen Handelsvolumen und entsprechend hohen Transaktionskosten verbunden.

Die in den Terminzinsen enthaltenen Informationen sind dagegen vergleichsweise langlebig (Abbildung 3) und eignen sich daher eher für kosteneffiziente Strategien, die höhere erwartete Anleiherenditen anstreben.


Abbildung 2

Heute hier, morgen weg

Abbildung 3

Erprobt und bewährt

Die frühere Wertentwicklung lässt nicht auf zukünftige Renditen schließen.



Ein „Value“-Faktor für Anleihen

Zusätzlich haben wir eine gängige Kennzahl für den Wert einer Unternehmensanleihe analysiert: ausfallbereinigte Kreditrisikoaufschläge, die die Risikoprämie einer Anleihe ins Verhältnis zu ihrem modellierten Ausfallrisiko setzen. Wir haben jedoch festgestellt, dass diese „Value“-Variable keine Informationen enthält, die nicht bereits in den Terminzinsen enthalten sind.


Terminzinsen sind die Zukunft

Die Ergebnisse unserer Analyse bestätigen frühere Studien: Terminzinsen sind nach wie vor die zuverlässigste und sinnvollste Kennzahl zur Identifizierung von Unterschieden in erwarteten Anleiherenditen. Viele der anderen Kennzahlen, die die Finanzmarktforschung bisher untersucht hat, lassen in der Tat keine Rückschlüsse auf zukünftige Anleiherenditen zu, denn sie enthalten kaum Informationen, die nicht bereits in den Terminzinsen abgebildet sind. Kurzfristige Aktienrenditen sind eine Ausnahme, die in ihnen enthaltenen Informationen haben jedoch eine kurze Halbwertszeit, weshalb die Umsetzung einer entsprechenden Strategie kostspielig sein könnte.

 

Unter den Anleihefonds dominierten lange aktive Manager, die nach Fehlbewertungen suchen, sowie passive Strategien, die aufgrund ihrer Einschränkungen kaum höhere Renditen anstreben können. Systematische Anleihestrategien gehen über die Grenzen reiner Indexfonds hinaus und sind so flexibel, dass sie sich dynamisch, kosteneffizient und transparent an jedes Marktumfeld anpassen können.

Multifaktor-Aktienstrategien haben in den letzten zehn Jahren an Bedeutung gewonnen. Eine ähnliche Entwicklung erwarten wir auch am Anleihemarkt, denn in systematischen Strategien finden Anleger eine verlässliche und transparente Lösung, mit der sie höhere erwartete Renditen anstreben können.

Dieser Artikel erschien zuerst in P&I Industry Voices unter dem Titel „Targeting higher returns in your fixed income investments? Factors can help, but choose carefully.“


Footnotes

  1. 1Eugene Fama ist Mitglied des Board of Directors von Dimensional Fund Advisors LP und als Berater für das Unternehmen tätig.

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HINWEIS FÜR ANLEGER IN DER SCHWEIZ: Dies ist Werbematerial.

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